Bericht zum 6. Abendsymposium am 24.6.2015
Am 24. Juni 2015 fand das 6. Abendsymposium des Instituts für Insolvenz- und Sanierungsrecht (ISR) statt. Als Referent konnte Herr Prof. Dr. Christoph Thole (Eberhard Karls Universität Tübingen) begrüßt werden. Dieser trug zum Thema „Anfechtungsansprüche nach Erstellung des Insolvenzplans vor“.
Zunächst erörterte der Referent, ob und unter welchen Voraussetzungen im Insolvenzplan über Insolvenzanfechtungsansprüche in materieller Hinsicht disponiert werden könne. Bei der Frage, unter welchen Voraussetzungen auf den Anspruch aus § 143 InsO ganz oder teilweise verzichtet werden kann, zog Professor Thole Parallelen zum Regelinsolvenzverfahren. Auch im Insolvenzplanverfahren müsse ein Verzicht oder eine anderweitige Disposition dem Maßstab der Insolvenzzweckwidrigkeit genügen. Gleichwohl könne auch auf eindeutig bestehende Ansprüche verzichtet werden, wenn der Insolvenzmasse dadurch anderweitige Vorteile zuflössen, die sonst nicht ohne weiteres zu realisieren gewesen wären. Unproblematisch sei ein Verzicht, wenn der Wert der Gegenleistung dem Anfechtungsanspruch entspreche. Professor Thole wies in diesem Zusammenhang aber auch auf die Gefahr undurchsichtiger Tauschgeschäfte hin, die vor allem in Eigenverwaltungsverfahren bestünde. Außerdem mahnte er an, dass Disposition über Insolvenzanfechtungsansprüche nicht dazu führen dürfe, dass die Insolvenzanfechtungsansprüche gar nicht oder nur nachlässig ermittelt würden. Die bestehenden Insolvenzanfechtungsansprüche müssten im darstellenden Teil des Insolvenzplans umfassend dargestellt werden.
Einen weiteren Schwerpunkt des Referats bildeten Ausführungen zu § 259 Abs. 3 InsO. In diesem Zusammenhang wies Professor Thole auf einige dogmatische Fragen hin, die bestehen, wenn ein zweites Insolvenzverfahren eröffnet wird und die Prozessführungsbefugnis nach der Rechtsprechung des BGH auf einen neuen Insolvenzverwalter übergeht. Nach der Planbestätigung und Aufhebung wird der bisherige Insolvenzverwalter nicht mehr als Partei kraft Amtes, sondern als Prozesstandschafter grundsätzlich für Rechnung des Schuldners tätig. Aus Sicht des Referenten stellt sich die bisher unerörtert gebliebene Frage, ob der Insolvenzverwalter in diesem Verfahren einen Vergleich schließen kann und ob ein solcher Vergleich als „insolvenzzweckwidrig“ beurteilt werden könnte.
Abschließend erörterte Professor Thole, wie der Anfechtungsgegner nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens seinen Gegenanspruch aus § 144 InsO verfolgen kann. In diesem Stadium sei keine Anmeldung mehr zur Insolvenztabelle möglich. Grundsätzlich könne der Anfechtungsgegner seine Forderung in voller Höhe gegen den Schuldner geltend machen. § 254b InsO beschränke den Anspruch aber auf die Höhe der Insolvenzquote. Hingewiesen wurde abschließend noch auf die Unzulässigkeit materieller Präklusionsklauseln.
An den Vortrag schloss sich eine lebhafte Diskussion an. Zur Frage der Voraussetzungen eines Verzichts auf Insolvenzanfechtungsansprüche wurde zum Teil für einen weiten Maßstab plädiert, der sich am Einzelfall orientiere und seine Grenzen in der Sittenwidrigkeit finde. Andere Teilnehmer forderten hingegen einen strengen Beurteilungsmaßstab, weil die durch den Verzicht auf Insolvenzanfechtungsansprüche entstehenden Vorteile gerade in Eigenverwaltungsverfahren „letztlich die der Sanierungsberater“ seien. Professor Thole wies darauf hin, dass der Maßstab der Insolvenzzweckwidrigkeit einen weiten Beurteilungsspielraum biete. Eine gewisse Kontrolle müsse aber beim Insolvenzgericht verbleiben, um Missbrauch zu vermeiden.
Im Anschluss an die Diskussion lud die Düsseldorfer Vereinigung für Insolvenz- und Sanierungsrecht e.V. zum traditionellen Umtrunk, bei dem die Diskussionen angeregt fortgesetzt werden konnten.