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Bericht zum dritten Abendsymposium des Instituts für Insolvenz- und Sanierungsrecht (ISR) am 02.07.2014

Am Mittwoch, den 02. Juli 2014, fand das dritte Abendsymposium des Instituts für Insolvenz- und Sanierungsrecht (ISR) zum Thema „Sanierungsfähigkeit – Fortführungsprognose und IDW-Standards“ statt.

Es referierten Herr WP/StB Dipl.-Kfm. Bernhard Steffan (Vorsitzender des Fachausschusses Sanierung und Insolvenz des IDW und Partner bei Ebner Stolz Mönning Bachem Wirtschaftsprüfer Steuerberater Rechtsanwälte) zum Thema "Sanierungsfähigkeit und Fortführungsprognose aus Sicht des IDW S 6 - Intention und Hintergründe" sowie Herr Richter Frank Frind (AG Hamburg) zum Thema „§ 270b-Bescheinigung aus richterlicher Sicht“. Abschließend folgte ein Referat von Herrn Prof. Dr. Georg Bitter (Universität Mannheim) zum Thema „Insolvenzauslösung und Sanierung – Sind die Insolvenzgründe richtig justiert?“.

Herr Steffan begann seinen Vortrag mit einem Überblick über die historische Entwicklung des IDW S6. Nach Anregungen aus der Praxis sei bei der Neufassung des IDW S6 im Jahre 2012 stärker auf die Rechtsprechung des BGH zu Sanierungskonzepten Bezug genommen worden. Bei dem IDW S6 handele es sich aber gleichwohl um einen rein betriebswirtschaftlichen Standard. Die Erstellung eines Sanierungskonzepts sei eine höchst komplizierte Materie, die einen interdisziplinären Ansatz erfordere. Beim IDW S6 werde ein zweistufiger Ansatz verfolgt. Zunächst seien Maßnahmen zu ergreifen, die die Fortführungsfähigkeit im Sinne einer positiven Fortführungsprognose nach § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB sicherstellen. Dabei müssten als erstes die Insolvenzgründe beseitigt und als zweites ein Sanierungskonzept erstellt werden, sodass die Rendite- und Wettbewerbsfähigkeit sowie die Wandlungs- und Adaptionsfähigkeit nachhaltig zurückerlangt werden könne. Im Fokus stünden dabei strategische sowie leistungswirtschaftliche Sanierungsmaßnahmen.  Zentraler Erfolgsfaktor sei sowohl bei der kurzfristigen Sicherung des Unternehmensfortbestandes, als auch bei der nachhaltigen Sanierung ein konsistentes Leitbild des sanierten Unternehmens.

Abschließend folgten Ausführungen zum neuen undefinedIDW ES 11, einem Standardentwurf zur Beurteilung der Insolvenzgründe. Mit diesem Standard sollen der IDW Prüfungsstandard zur Beurteilung eingetretener oder drohender Zahlungsunfähigkeit bei Unternehmen (IDW PS 800) und die IDW Stellungnahme des Fachausschusses Recht 1/1996 zur Überschuldungsprüfung bei Unternehmen an die aktuelle Rechtslage und Rechtsprechung angepasst und in einem Papier zusammengefasst werden.

Der Vortrag von Herrn Frind befasste sich mit den Anforderungen an die Bescheinigung im Rahmen des Schutzschirmverfahrens nach § 270b InsO. Nach seiner Einschätzung gehe das Schutzschirmverfahren mit erheblichen Missbrauchsrisiken einher. Daher sei Zweck der Bescheinigung diese zu minimieren In der Praxis würden jedoch immer wieder fehlerhafte und unzureichende Bescheinigungen vorgelegt. Die Bescheinigung nach § 270b Abs. 1 Satz 3 InsO müsse sowohl Ausführungen zu den Insolvenzgründen, den Sanierungsaussichten, der Qualifikation des Bescheinigers, als auch Einschätzungen zu den Aussichten der Eigenverwaltung enthalten. Richter Frind stellte allerdings klar, dass kein Sanierungskonzept nach IDW S6 erwartet werde. Das Insolvenzgericht müsse durch die Bescheinigung lediglich in die Lage versetzt werden, die Insolvenzgründe der Überschuldung (§ 19 InsO)  und der nur drohenden Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO) sowie die Sanierungsaussichten prüfen zu können. Es sei insbesondere erforderlich, dass der Bescheiniger zugrunde lege,  nach welcher Auffassung er die drohende Zahlungsunfähigkeit ermittelt habe und wie er im konkreten Fall zum Ergebnis gelangt sei. Am Ende seines passionierten Vortrages appellierte Herr Frind an das Plenum, dass „gemeinsam gegen die schwarzen Schafe, die falsche Bescheinigungen ausstellen“ gekämpft werden müsse und keine Konkurrenz zwischen den Verwaltern und den Gerichten bestehe.

Im Anschluss folgte Prof. Dr. Bitter als letzter Referent und begann seinen Vortrag mit der Feststellung, dass in der Rechtpraxis gut zweidrittel der Insolvenzanträge zu spät gestellt würden. Dies liege u. a. daran, dass die Insolvenzgründe falsch justiert seien. Bei der Ermittlung der drohenden Zahlungsunfähigkeit sei sowohl zu untersuchen, ob bestehende als auch ob zukünftige fällig werdende Verbindlichkeiten befriedigt werden können. Als Prognosezeitraum sei in der Regel das laufende und folgende Geschäftsjahr zugrunde zu legen. Der h. M. zufolge sei die drohende Zahlungsunfähigkeit dann zu verneinen,  wenn mit einer Wahrscheinlichkeit von mehr als 50% feststeht, dass das Unternehmen in der Lage ist, die Verbindlichkeiten zu erfüllen. Allerdings würden sich laut Bitter Spekulation auf Kosten der Gläubiger verbieten, sodass von einer zukünftigen Zahlungsfähigkeit nur dann ausgegangen werden könne, wenn sie nach vernünftigem menschlichem Ermessen gesichert sei. Zum Insolvenzeröffnungsgrund der Überschuldung führte der Referent aus, dass nach dem neuen Überschuldungsbegriff zunächst eine Fortführungsprognose zu erstellen sei. Diese Prognose sei eine Zahlungsfähigkeitsprognose und keine Ertragsfähigkeitsprognose, bei der in der Praxis regelmäßig ein Prognosezeitraum zugrundgelegt werde, der das laufende und das folgende Geschäftsjahr umfasse. Davon sei allerdings dann abzuweichen, wenn bereits feststeht, dass die Verbindlichkeiten zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr gedeckt sein werden. Hinsichtlich der Prognosewahrscheinlichkeit legte Prof. Dr. Bitter dar, dass auch hier die zukünftige Zahlungsfähigkeit nur anzunehmen sei, wenn sie nach vernünftigem menschlichem Ermessen gesichert ist. Aufgrund der Ähnlichkeit der Prüfung der drohenden Zahlungsunfähigkeit und der der Überschuldung gelangte Prof. Dr. Bitter zu dem Ergebnis, dass der Insolvenzgrund der drohenden Zahlungsunfähigkeit im System der Insolvenzgründe letztlich überflüssig sei.

Es folgten abschließend Ausführungen zu der Frage, in welchem Umfang subordinierte Verbindlichkeiten bei der Überschuldungsprüfung zu berücksichtigen sind. Ein Rangrücktritt nach § 39 Abs. 2 InsO reiche laut Bitter dabei nicht aus, um die Verbindlichkeit bei der Überschuldungsprüfung zu vernachlässigen. Es sei vielmehr erforderlich, dass auch eine vorinsolvenzliche Durchsetzungssperre vereinbart werde. Erst dann wirke sich ein Rangrücktritt für die Überschuldungsprüfung aus. Gleiches gelte im Übrigen für die Prüfung der Zahlungsunfähigkeit.

 

Die anschließende Diskussion wurde, wie immer, bei einem Umtrunk im Foyer des Hörsaalgebäudes weitergeführt.

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